Die Freimaurerei

Zitatquelle: Text stammt aus dem Buch Freimaurerei in 60 Minuten - Seiten 20-24:


Regeln und Pflichten
Schriftliche Hinweise auf diese überregiona­le Struktur und ideelle Ordnung finden sich erstmals im mittelenglischen Regius-Manu­skript, der wahrscheinlich ältesten und aus dem Jahr 1390 stammenden Niederschrift von Regeln der Steinmetzbruderschaften. Das Gedicht sollte den jungen Handwerkern das Auswendiglernen der Gesetze und Pflichten der Bruderschaft er­leichtern.

Die zweitälteste bisher bekannte Handschrift der mittelalterlichen englischen Bauleute, das Cooke-Manuscript, ist etwa 1430 bis 1440 ent­standen. Das Pergament wird im Britischen Mu­seum aufbewahrt. Es enthält eine Art Zunftsage, Anleitungen zur gewissenhaften Erfüllung der Zunftpflichten und zu sittlich-religiösem Ver­halten. Auch die Straßburger Steinmetzordnung (1495) und die Rochlitzer Ordnung (1462) liefern Hinweise, daß es sich jeweils nur um die Refor­mation einer weitaus älteren Ordnung handelt.


Der Übergang zu den Freimaurerlogen
Der Niedergang der gotischen Bauhütten - und damit auch der mittelalterlich-kosmo­politischen Steinmetzbruderschaften - beginnt ein paar Jahrzehnte später. Wenige Hammer­schläge lösen ein Erdbeben aus, das die Grund­festen des christlichen Abendlandes nachhaltig erschüttert: Martin Luther schlägt der Legende zufolge am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Schloßkirche zu Wittenberg. Die Reforma­tion bringt das religiöse Weltbild der Menschen ins Wanken. Durch den folgenden Dreißigjähri­gen Krieg von 1618 bis 1648 kommt das Sakral­bauwesen völlig zum Erliegen.

Während die Steinmetzbruderschaften auf dem "europäischen Festland faktisch eingehen, kann die kosmopolitische Bruderschaft ihr Wissen und ihre Gebräuche auf der britischen Insel in die Neuzeit retten. Hier hatte man rechtzeitig begonnen, das Fortbestehen der Hütten durch angenommene Maurer (engl.: »accepted masons«) zu sichern.

Aufnahmen solcher Fördermitglieder sind zum Beispiel 1634 im Protokoll der Loge Mary´s Chapel (No. 1) von Edinburgh zu finden - hier ist die Aufnahme von Lord Alexander Viscount Canada, Sir Anthony Alexander und Sir Alexan­der Strachan vermerkt.

Angesichts der klingenden Titel fragen Sie sich vielleicht, warum ausgerechnet Adlige um Aufnahme in eine quasi aussterbende Handwer­ker-Bruderschaft ersucht haben - das wirkt aus heutiger Sicht sicherlich etwas seltsam. Die Ant­wort ist simpel: Steinmetze genossen immer noch ein hohes Ansehen - wegen ihrer internationalen Verbindungen waren sie kosmopolitisch geprägt und unterschieden sich mit ihrer lockeren und toleranten Haltung stark vom vorherrschenden englischen Puritanismus im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert. Der offene Geist, der in der Bruderschaft gepflegt wurde, paßte exzellent zu den Ideen von Aufklärung und Humanismus. Weil die Brüder traditionell zur Verschwiegen­heit verpflichtet waren, konnten sich in den Lo­gen Adlige, Bürger und Handwerker ungestört über die revolutionären Ideen der Zeit austau­schen - in seinerzeit übrigens durchaus umstrit­tener Geselligkeit: In alten Zeitungen finden wir Artikel, in denen die Trinksitten der Freimaurer angeprangert werden.

Die Entstehung der modernen Freimaurerei
Ein weiterer wichtiger Meilenstein der Ent­stehungsgeschichte der modernen Frei­maurerei ist eine Katastrophe des Jahres 1666. Ein Großbrand vernichtet fast achtzig Prozent Londons. Beim Wiederaufbau hatte plötzlich das Wissen der alten Bruderschaft wieder Kon­junktur. Nach dem Wiederaufbauboom sank die Zahl der Logen zwar erneut, aber der ent­scheidende Schritt zum »Überleben« folgte noch rechtzeitig:

Am 24. Juni 1717 schlossen sich vier alte Werkmaurerlogen in London und Westminster zur Ersten Großloge von England unter einem gemeinsamen Großmeister zusammen. Der Tag gilt als das offizielle Gründungsdatum der mo­dernen Freimaurerei.